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Differenzierung Als Existenzielle Grundlage Des Denken

"Ich denke also bin ich" (Cogito ergo sum) - sagte Rene Descartes im Jahr 1641. Wer denkt, der existiert, oder "der ist" genau deshalb weil er denkt! -- bedeutet dies dass jemand, der "nicht denkt" deshalb auch nicht existiert? Und was hat es mit Denken auf sich!?

In der Welt existieren wir als Menschen auch als "Geistige Wesen". Eine große Mehrheit von Menschen nehmen sich ausschliesslich als Körper wahr; Das ist so, weil "Körperlichkeit" etwas ist - was uns Menschen direkt zugänglich erscheint - und auch zugänglich ist. Ein Körper kann weh tun, und man muss auf ihn achten damit er nicht zerstört wird, beispielsweise wenn man Abgründe hinunterfällt. So etwas haben Menschen gelernt, und muss jedes Kind wenn es auf die Erde kommt lernen. Als Kind nehmen wir uns oft und vorwiegend als Körper wahr, und eine große Zahl von Bezugspersonen definieren uns als Kind auch vorwiegend als Körper. Der Körper hat Eigenschaften - die sowohl von außen als auch von innen wahrgenommen werden. Manche Eigenschaften werden ihm zugeschrieben, andere erfahren wir selbst als Mensch, weil sie zu unserer Körperlichkeit dazu gehören, und auch notwendig sind damit ein Körper existieren kann. Atmen zum Beispiel, Nahrung und Bewegung…

Die geistigen Aspekte eines Körpers sind nicht direkt zugänglich. Einige der geistigen Funktionen unseres Bewusstseins, oder Gehirns (wenn man so will) sind für viele Menschen so selbstverständlich, dass sie davon ausgehen dass diese Funktionen 'automatismen sind', die wie ein Programm (eventuell für jeden Menschen gleich genau so wie bei einem selbst) ablaufen.

"Was für den Körper gilt, muss auch für den Geist gelten", so denken einige Menschen. Und was Funktionen im Allgemeinen betrifft, gehen manche Menschen davon aus, dass "was bei ihnen so ist, muss deshalb weil es bei ihnen so ist auch bei andere - oder gar ALLEN ANDEREN so sein. Deshalb schreiben manche dieser Menschen anderen Menschen auch deshalb zu (oder gegebenenfalls auch vor), dass 'diese Funktionen' (geistiger und körperlicher Art) ja für die anderen (gegebenenfalls ALLE ANDEREN) genauso ablaufen müssten (oder dies zumindest sollten, wenn sie 'normal' sind), eben genau so wie sie auch vermeintlich für sie selbst ablaufen - zumindest wie sie diese Funktionen am ablaufen wahrnehmen.
Einige dieser Menschen fragen sich auch deshalb: »Warum nicht jeder Mensch so denkt wie sie selbst«, da für sie ja "alles klar erscheint", wie sie denken - »wie Welt ist« (und auch 'zu sein hat', weil Welt ist halt so!), und deshalb 'müsse dies doch auch für alle anderen so (auf die selbe Art) klar sein'…

»Geistige Aspekte sind Individuell«, bedeutet eventuell auch 'diese sind so verschieden', dass sie "für jeden grundlegend anders sind, oder sein können". Sehr wahrscheinlich sind Interpretationen und Deutungen die Welt betreffen auch für jeden sehr verschieden. Die Wahrscheinlichkeit dass es so ist ist wesentlich größer, als dass man annehmen könnte - dass WEltinterpretation für die meisten oder auch nur einige "genau gleich, und die selbe" ist. Es gibt keine Anhaltspunkte aufgrund dessen man diese "Ähnlichkeit" oder gar "gleichheit" annehmen könnte.

Um eine Verschiedenheit festzustellen benötigt man dazu eine Unterscheidung. Man muss also feststellen können "Dass das eine NICHT das andere ist". Es gibt also einen Unterschied zwischen dem einen und dem anderen.

Dies als Grundlage ist zunächst eine Wichtige Erkenntnis und eine Wichtige Grundlage des Denkens im Allgemeinen.

Die Differenzierung

Der Grundlegende Vorgang hinter einer Differenzierung ist der 'einer Unterscheidung'.

Die Unterscheidung (distinctio) ist eine Grundtätigkeit des Denkens. Sie besteht in der „[…] aktiven Feststellung bzw. Klarlegung von Unterschieden, Verschiedenheiten, Andersheiten.“ Sie ist eine Voraussetzung der Klassifikation und der Erkenntnis. Die Praxis zur Unterscheidung ist der Vergleich. WP Unterscheidung

In einer Unterscheidung stellt man fest, dass ein etwas nicht gleich einem anderen etwas ist, oder sein muss. Es können Ähnlichkeiten vorhanden sein, es mag auch (manchmal) so erscheinen - als ob das eine gleich dem anderen sei; Wer jedoch Unterscheidet legt damit die Grundlage dafür dass eine Verschiedenheit feststellbar ist, und diese auch erkannt werden kann. Wenn sie nicht erkannt werden könnte, dann könnte sie ja auch nicht als Unterschiedlich wahrgenommen werden.

Für das Denken ist eine unabdingbare Grundlage (deshalb auch Grundtätigkeit des Denkens), dass jemand der Denkt im Rahmen seiner Denktätigkeit differenziert, und damit 'das eine vom anderen unterscheidet'. Dies bedeutet er kann durch diese Unterscheidung 'beide Aspekte als getrennt voneinander wahrnehmen' und dadurch als »eigenständige Einheiten« betrachten. Diese Einheiten können 'etwas miteinander zu tun haben', sie müssen aber nicht notwendigerweise etwas miteinander zu tun haben.

Eingrenzung durch Differenzieren

Eine Differenzierung unterscheidet 'das eine vom anderen'. Indem man diese Unterscheidung durchführt zieht man eine Grenze. 'Das eine' wird 'vom anderen' unterschieden. Beides wird nun als getrennt wahrgenommen. Mit dieser (zunächst geistigen) Differenzierung lässt sich 'ein etwas' von einem 'anderen etwas' abgrenzen. Eventuell wurde vorher beides als 'eine Einheit' wahrgenommen, und nun kann zwischen verschiedenheiten 'unterschieden werden'. 'Das eine' ist nun nicht mehr zusammen mit 'dem anderen'. Indem Unterschiede wahrnehmbar werden lässt sich nun 'das eine' 'vom anderen' unterscheiden. Es lässt sich unterscheiden, was vorher zusammen war und als Einheit wahrgenommen wurde.

Diese Differenzierung, diese Unterscheidung macht es möglich "ein etwas" von einem "anderen etwas" abzugrenzen. Eventuell kann man 'das eine etwas' »der einen Kategorie« zuweisen und 'das andere etwas' »einer anderen Kategorie« zuweisen. Beispielsweise ist 'das eine' "eine rote Tasse" und 'das andere' "eine blaue Tasse". Beide Objekte gehören zu der Kategorie "Tasse" - doch indem man die Objekte weiter differenziert lässt sich 'das eine' Objekt der Kategorie "blaue Tasse" und 'das andere' Objekt der Kategorie "rote Tasse" zuweisen. Jetzt lässt sich unterscheiden, dass beispielsweise in der roten Tasse Wasser ist, und in der blauen Tasse giftige Säure. Das wäre dann eine existenziell wichtige Unterscheidung, denn 'das eine' lässt sich ungefährlich trinken, und der Inhalt der anderen Tasse wäre potenziell tödlich - wenn ihn jemand trinken würde. Würde man dies nicht unterscheiden, dann kann es auch Lebensgefährlich sein, keinen Unterschied zu machen. Solche 'gedanklichen Differenzierungen' kann man 'durch denken' und damit durch differenzieren in sein Konstrukt von Wirklichkeit einbauen; Dann entfaltet es die Wrikung von Differenzierung durch erkennen eines Unterchiedes, der auch entscheidend dafür sein kann, ob jemand überlebt oder eben nicht.

Zunächst wäre eine solche Differenzierung nur auf gedanklicher Ebene, denn als bloße Aussage weiß man noch nicht ob tatsächlich in einer Tasse Wasser ist, und der anderen Säure. Es könnte auch in beiden Tassen Wasser sein, oder in beiden Tassen Säure. Oder in beiden Tassen eine Mischung aus Säure und Wasser. Um festzustellen was 'tatsächlich der Fall' ist, müsste man der Aussage von jemand entweder vertrauen - oder man müsste es 'explizit prüfen', ob der Fall ist, was (aufgrund einer Aussage) behauptet wird dass es der Fall sein soll.

Für 'solches prüfen' wären weitere Differenzierungen nötig.

Im Grunde befinden wir uns bei solcher Art Überlegungen schon mitten in philosophischen Betrachtungen von Welt und Geist. Philosophie (und daraus folgendes philosophisches Denken) ist die Grundlage für Differenzierungen jeglicher Art, und auch für Wahrnehmungen die wir als Menschen haben können.

Existenzielle Grundlage

Differenzieren ist deshalb die "Existenzielle Grundlage von Denken", weil 'Denken, das zu Gedanken führt' IMMER differenzierend ist.

Die Folge von Denken ist eine Differenzierung.

Ohne Ausnahme ist dies so. Denken führt zu Differenzierung.

Man prüfe eigene Gedanken und finde, dass jedes Denken genau dies auslöst. Vor dem Gedanken konnte man das eine vom anderen nicht untescheiden. Nach dem denken, nach dem Gedanke ist es Möglich das eine vom anderen zu unterscheiden. Es findet durch das Denken eine Differenzierung statt. Eine Differenzierung, die vorher nicht stattgefunden hat. Eine Differenzierung die durch über etwas NachDenken entstanden ist. Weil jemand nachgedacht hat kann er nun durch sein Denken einen Unterschied erkennen, den er vorher nicht erkennen (vielleicht nicht einmal wahrnehmen) konnte. Die Möglichkeit zum Erkennen des Unterschieds wurde durch das Denken erreicht und möglich gemacht.

Existenziell ist diese Grundlage, weil ohne Differenzieren keine Wahrnehmung von Welt und Wirklichkeit möglich ist.

Dies mag eventuell als eine 'merkwürdige Behauptung' im Raum stehen. Der eine oder andere könnte diese Behauptung auch ablehnen, weil manche Menschen dazu neigen "Eine Ganzheit als Einheit" wahrzunehmen. Blickt man tiefer in Aspekte und Umstände hinein, dann sieht man - dass so etwas nicht Möglich ist. Unser Geist erfordert bestimmte Methoden, an die er gebunden ist solange er diese Form des Geistes inne hat. Einer dieser Aspekte an die 'unser Geist gebunden ist', ist: Dass wenn wir 'mit unserem Verstand verstehen wollen' - verstehen im Kant'schen Sinne des "Benutzen des Verstandes" - "Den Mut zu haben, sich des eigenen Verstandes zu bedienen"1 - Dann bedienen wir unseren Verstand 'indem wir differenzieren' und damit einen Unterschied erkennen.

Der Unterschied, den wir erkennen ist die Folge des bedienen unseres Verstandes. Wenn wir unseren Verstand nicht bedienen, dann bleibt dieser unbenutzt, und wird eventuell von anderen benutzt. Einen Verstand benutzt man, indem man differenziert, und damit einen Unterschied feststellt -- den man ohne das bedienen des Verstandes nicht bemerken würde. Ohne die 'Benutzung des Verstandes' bleibt 'alles eins', und kann sich nicht unterscheiden. Ohne Unterscheidung des einen vom anderen kann unser Verstand jedoch nicht wahrnehmen.

Wahrnehmung funktioniert indem man Unterschiede erkennt.

Wenn man keine Unterschiede erkennt, dann kann man auch nicht wahrnehmen. Dies ist eine fundamentale Erkenntnis, die für jedes Wesen genau so gilt. Es gilt auch für Tiere, denn wenn ein Tier etwas nicht vom anderen unterscheiden kann, dann existiert es nicht in der Wahrnehmung des Tieres. Dies kann man bei Tieren manchmal sehr einfach beobachten. Es gilt auch für Kinder; Die durch 'ein Unterscheiden' überhaupt erst lernen mit ihrer Wahrnehmung umzugehen. Und es gilt für ganz alte Menschen, die durch den Verlust von Unterscheidungsfähigkeit auch in der Wahrnehmung beschränkt sind.

Geist und Wirklichkeit

Unser Geist stellt sich eine Wirklichkeit vor, in der wir dann aufgrund dieser Vorstellung unser Leben verbringen.

Es hängt davon ab, wie wir uns was Vorstellen - wie wir Welt wahrnehmen. Welt existiert nicht 'im außen' DIE WELT in der wir leben existiert 'in unserem inneren'.

Es mag sein, dass diese Behauptung nur schwer zu fassen ist, wenn man sich noch nie mit solchen Aspekten beschäftigt hat. Viele Menschen denken, dass Welt etwas ist, 'in was wir alle leben und existieren'. Manche Menschen denken sogar, dass diese Welt für alle Menschen gleich ist. Oder gefälligst gleich zu sein hat. Oder dass sie dass Recht haben sollen (gefälligst) andere Menschen dazu zu zwingen DIE EINE RICHTIGE Interpretation und Deutung von Welt als »die einzige« anzuerkennen. {Das wäre dann Faschismus, und das was die Nazis früher als legitime durchsetzung dieser Vorstellung betrieben haben}. Welt ist nicht für alle Menschen gleich. Im grunde und auf eine bestimmte Sichtweise bezogen »Lebt jeder Mensch in seiner eigenen Welt«.


  1. "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!" "Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. – Immanuel Kant, 1724-1804 

Revision: 8
(created) 14.04.2020 | (edit) 15.04.2020
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